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Strecken- und Knotenwiderstände in Verkehrsmodellen: Ermittlung anhand empirischer Daten

Link and node impedances in transport models: Determination from empirical data

Dr. C. Weis, CH-Zürich
Dr. M. Vritic, CH-Olten

In makroskopischen Verkehrsmodellen werden die Widerstände bzw. Fahrtzeiten im Netz über sogenannte Capacity-Restraint-Funktionen (CR-Funktionen) modelliert, welche den Zusammenhang zwischen der Auslastung eines Netzelements (Strecke, Knoten oder Abbieger) und der darauf gefahrenen Geschwindigkeit bzw. der für dessen Befahren notwendigen Zeit abbilden. Die daraus berechneten Reisezeiten fließen als Eingangsgrößen in alle Modellstufen (Nachfrage und Umlegung) ein. Dabei beeinflusst die Genauigkeit der berechneten Reisezeiten in Verkehrsmodellen sowohl die ermittelten Nachfragewirkungen (Ziel-, Verkehrsmittel- und Routenwahleffekte) als auch die anschließende Bewertung der Nutzen eines Projekts. In zwei kürzlich durchgeführten Schweizer Forschungsprojekten wurden die CR-Funktionen für Strecken und Knoten erstmals aufgrund empirischer Daten parametrisiert. Deren Validierung zeigt eine verbesserte Abbildung der Reisezeiten in belasteten Netzen und wird somit für die Verwendung bei der Erstellung neuer Verkehrsmodelle empfohlen.

In macroscopic transport models, travel times in networks are calculated using so-called capacity restraint (CR) functions (also referred to as volume delay functions, or VDF), which describe the relationship between the degree of capacity utilization of a network element (link or node) and its speed respectively the time needed to cross it. The resulting travel times enter the computation of all model steps (demand and assignment). The precision with which the travel times are computed thus influence both the resulting demand effects (destination, mode and route choice) and the ensuing appraisal of infrastructure projects. In two recently completed Swiss research projects, CR functions for links and nodes were for the first time parametrized based on empirical data. The validation of the ensuing functions shows improved resulting travel times in loaded networks and is thus recommended for use in future transport models.

doi.org/10.53184/SVT11-2022-1

Bewertung der Verkehrssicherheit durch fahrdynamische Unfallsimulation unterschiedlicher Fahrzeuge bei RSA- und RSI-Untersuchungen

Assessment of the road safety with vehicle dynamic accident simulation analysis of different vehicles in RSA and RSI investigations

DI Dr.-techn. E. Tomasch; H. Hoschopf, A-Graz

Durch Road Safety Audits und Road Safety Inspections sollen Schwachstellen in der Planungsphase und im Betrieb erkannt und durch geeignete Maßnahmen vermieden werden. Die fahrdynamische Unfallsimulation kann in bestimmten Fällen eine zusätzliche Entscheidungshilfe bei der Bewertung der Verkehrssicherheit bringen, kommt dabei jedoch nur selten bzw. nur bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz. Das Ziel der Studie ist, die Methodik der fahrdynamischen Unfallsimulationen anhand einer geplanten Ausführungsvariante eines Straßenabschnitts vorzustellen und diesen hinsichtlich der Verkehrssicherheit durch fahrdynamische Parameter objektiv bewerten. Der Straßenabschnitt ist mit einer zur Kurvenaußenseite gerichteten Querneigung ausgeführt, welche aufgrund von Trassierungsvorteilen nicht dem Regelfall einer richtliniengerechten Parameterwahl gemäß der österreichischen RVS 03.03.23 entspricht. Es werden eine Spurfolgefahrt und ein Spurwechsel bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und unterschiedlichen Straßenbedingungen simuliert. Als Bewertungskriterien werden die Querbeschleunigung, der Schwimmwinkel und das Überschlagsrisiko festgelegt. Bei der Spurfolgefahrt ist keine erhöhte Querbeschleunigung und damit ein erhöhtes Schleuderrisiko festzustellen. Ebenfalls liegt der Schwimmwinkel unter dem zulässigen Grenzwert und es liegt kein Überschlagsrisiko vor. Beim Spurwechsel werden zumindest bei einem Notausweichmanöver Querbeschleunigungen erreicht, welche in Fahrversuchen als unangenehm berichtet wurden. Der Schwimmwinkel, als Maß für die Schleudergefahr, liegt im Grenzbereich. Ein erhöhtes Überschlagsrisiko ist nicht  festzustellen. Jedenfalls ist für beide Fahrmanöver eine Fahrbahnreibung von μ kleiner oder gleich 0,1 kritisch und durch geeignete Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsreduktion) das Unfallrisiko zu reduzieren. Die in der Studie angewandte fahrdynamische Unfallsimulation ist eine sehr gute Methode um bei Road Safety Audits und Road Safety Inspections die Verkehrssicherheit objektiv zu bewerten. Die Ergebnisse lassen sich jedoch nicht pauschal auf andere Straßenabschnitte übertragen und sind für den Einzelfall zu prüfen.

Road Safety Audits and Road Safety Inspections are intended to identify weaknesses in the development phase and in the operation phase of roads and to prevent them by taking appropriate measures. In certain cases, the vehicle dynamics accident simulation can provide additional decision support in the assessment of road safety, but is not yet used usually. The objective of the study is to introduce the method of vehicle dynamic accident simulation of a planned design variant of a road section. This road section should be assessed with regard to road safety by means of vehicle dynamic parameters. The road section is designed with a transverse slope directed towards the outside of the bend which deviates from the defined parameters in the standard RVS 03.03.23 due to routing advantages. A following path and a lane change manoeuvre are simulated at different speeds and under different road conditions. The assessment criteria are the lateral acceleration, the slip angle and the rollover risk. There is no high lateral acceleration and increased risk of skidding within the following path manoeuvre. The slip angle is also below the limit value and there is no risk of a rollover. In the lane change manoeuvre during an emergency steering situation lateral accelerations are reached, which were reported as uncomfortable in volunteer driving tests. The slip angle, as a measure of the risk of skidding, is within the limit range. An increased risk of rollover was not observed. In any case, a road friction of μ less than or equal to 0.1 is critical for both driving manoeuvres, and the accident risk should be reduced by suitable measures (e.g. speed reduction). The vehicle dynamic accident simulation used in the study is a very good method to objectively assess road safety during Road Safety Audits and Road Safety Inspections. However, the results cannot be applied to other road sections and must be examined on a case-by-case basis.

doi.org/10.53184/SVT11-2022-2

Neue Vorgaben und Standards zur Planung, zum Entwurf und zum Betrieb von Straßen Die neuen „E Klima“ führen zu veränderten Anwendungen und Weiterentwicklungen von FGSV-Veröffentlichungen im Bereich Verkehr zu Erreichung von Klimaschutzzielen

New specifications and standards for transport planning, road design and traffic management

Univ.-Prof. Dr.-Ing. J. Gerlach, Wuppertal

Klimaschutz ist eine der wohl wichtigsten Aufgaben dieses und des nachfolgenden Jahrzehnts und hat eine immense Bedeutung für die Erhaltung der Lebensbedingungen und für eine gute Lebensqualität der heutigen und der künftigen Generationen. Erfolgt jetzt kein entschlossenes Handeln, ist die Lebensgrundlage mit der Erfüllung von Bedürfnissen heutiger und künftiger Generationen extrem gefährdet. Die „E Klima – Empfehlungen zur Anwendung von FGSV-Veröffentlichungen im Bereich Verkehr zur Erreichung von Klimaschutzzielen“ folgen der Notwendigkeit entschlossenen Handelns und enthalten teils grundlegend neue klimarelevante Vorgaben, Standards und Handlungsoptionen zur Berücksichtigung bei der Planung, dem Entwurf und dem Betrieb von Verkehrsangeboten und Verkehrsanlagen. Sie dienen als Auftakt weiterer Aktivitäten dazu, notwendige Veränderungen innerhalb der Gremien der FGSV und in der Praxis zu bewirken, um adäquat auf klimarelevante Aspekte einzugehen und um neue Methoden und Maßnahmen zur Erreichung von Klimaschutzzielen im Verkehrswesen zu fördern sowie in Planungs- und Entscheidungsprozessen zu etablieren. Während die bisherige Aufstellung von FGSV-Veröffentlichungen ähnlich wie die bisherige Entwicklung der Straßenverkehrs-Ordnung das Ziel der Gleichbehandlung der Verkehrsmodi hatte, werden nunmehr Priorisierungen in Regelwerken und Wissensdokumenten verankert. Zudem stehen Sicherheitskriterien und Qualitätsanforderungen insbesondere für ungeschützte Verkehrsteilnehmende im Vordergrund und es sollen alle Möglichkeiten genutzt werden, den öffentlichen Verkehr spürbar zu stärken. Diese veränderten  Vorgehensweisen sind zunächst in Steckbriefen der E Klima formuliert – werden aber mittel- bis langfristig zu teils grundlegend anderen Regeln mit veränderten Vorgaben für die Planung, den Entwurf und das Verkehrsmanagement von Verkehrsanlagen und Verkehrsangeboten führen.

Climate protection and mitigation are probably two of the most important tasks of the presence and of the following decade and is of immense importance for the preservation of living conditions and for a good quality of life for present and future generations. If no decisive action is taken now, the basis of life with the fulfilment of needs of present and future generations is extremely endangered. The new guideline published by the Road and Transportation Research Association (FGSV) "Recommendations for the application of FGSV publications in the field of transport to achieve climate protection goals" follow the need for decisive action. The guideline contain partly fundamentally new climate-relevant specifications, standards and recommendations for action to be taken into account in transport planning, road design and by operating transport services and transport facilities. They serve as a prelude to further activities to bring about necessary changes within the committees of the Road and Transportation Research Association and in practice in order to adequately address climate-relevant aspects and to promote new methods and measures for achieving climate protection goals in the transport sector and to establish them in planning and decisionmaking processes. While the previous development of FGSV publications had the goal of equal treatment of traffic modes, similar to the previous development of the traffic law, prioritization is now anchored in guidelines. In addition, the focus is on road safety and quality requirements, especially for vulnerable road users, and all opportunities are to be used to noticeably strengthen public transport. These changed approaches are initially formulated in profiles - they will lead to fundamentally different rules with changed specifications for the planning, design and traffic management of transport facilities and transport services.

doi.org/10.53184/SVT11-2022-3

Bewertung der Pop-Up Infrastruktur im Radverkehr als erfolgsversprechendes Instrument der urbanen Verkehrsplanung

Evaluation of the Pop-Up Infrastructure in Bicycle Traffic as a Promising Instrument of Urban Transport Planning

B. Sc. K. Kurth; Dr. rer. nat. A. Keler; Univ.-Prof. Dr.-Ing. K. Bogenberger, München

In mehreren deutschen Städten wurden im Zuge der COVID-19 Pandemie temporäre Radfahrstreifen (Pop-Up Radwege) errichtet, die hinsichtlich des veränderten Mobilitätsverhaltens Angebote für den Radverkehr schaffen sollten. Im weiteren zeitlichen Verlauf wurden Pop-Up Radwege verstetigt und fördern folglich den nachhaltigen Verkehr im urbanen Raum. Untersuchungsgegenstand des Fachbeitrages ist die Frage, ob Pop-Up Radwege auch in  postpandemischen Zeiten ein sinnvolles Planungsinstrument der urbanen Verkehrsplanung sind. Grundlage hierfür sind eine Literaturrecherche und Experteninterviews. Als Ergebnis der Forschung kann festgehalten werden, dass Pop-Up Radwege zukünftig einerseits als Erprobungsmaßnahme für dauerhafte Radverkehrsanlagen fungieren können, wodurch eine fehlerfreie Planung und Realisierung der künftigen Radverkehrsanlage ermöglicht wird. Andererseits können Pop-Up Radwege für die schnelle Umsetzung politischer Beschlüsse eingesetzt werden und ein agiles Handeln der Politik ermöglichen. Gleichzeitig verfügen die Pop-Up Radwege über Optimierungspotential, welches sich besonders in den Bereichen sichere Knotenpunkte und Planungsprozess wiederfindet. Als Vorschläge werden eine sicherere Knotenpunktgestaltung mittels Protektoren und zusätzlichen Markierungen, die Aufnahme des  Planungsinstruments in den einschlägigen Regelwerken und intensivere Öffentlichkeitseinbindung im Planungsprozess aufgeführt.

During the COVID-19 pandemic, temporary bike lanes (Pop-Up Bike Lanes) were set up in several cities in Germany, which were intended to create opportunities for cycling in response to changes in mobility behavior. In the course of time, Pop-Up Bike Lanes became permanent and thus promote sustainable transport in urban areas. This paper investigates whether Pop-Up Bike Lanes are still a useful planning tool for urban transportation planning in post-pandemic times. The basis for the research is a literature review and expert interviews. As a result of the research, Pop-Up Bike Lanes can be used as a test measure for permanent cycling facilities on the one hand, which enables errorfree planning and realization of cycling facilities in the future. On the other hand, Pop-Up Bike Lanes can be used for the fast implementation of political decisions and enable an agile acting of politicians. At the same time, Pop-Up Bike Lanes have optimization potential, which can be found especially in the fields of safer intersections and planning processes. Suggestions are a safer intersection design by means of protectors and additional markings, the inclusion of the planning instrument in the relevant regulations and more intensive public involvement in the planning process.

doi.org/10.53184/SVT11-2022-4